Der Junge, der nicht mitsingen wollte

Vor vielen Jahren begleitete ich als Integrationsfachkraft ein kleines, dreijähriges Mädchen aufgrund ihres fehlenden Sehvermögens während ihres Kindergartenalltags.
Da am Vormittag eine „Singstunde“ in der Turnhalle stattfand, gesellten wir beide uns dazu, denn das Mädchen mochte Musik sehr gerne. Die Kinder standen in einem Halbkreis in der Halle und die Erzieherin gab ihnen Lieder vor, die dann gemeinsam gesungen wurden.

Ein kleiner Junge, in etwa vier oder fünf Jahre alt, stand ebenfalls innerhalb der Gruppe und lauschte gespannt und neugierig dem Gesang, sang aber selbst nicht mit. Eine Erzieherin ermahnte den Jungen einige Male, nun bitte auch mitzusingen:“ Ich höre nichts von dir, gar nichts, alle singen mit, nur du wieder nicht. Das ärgert mich, dass du dich nie beteiligst“. Der Junge mochte aber nicht, schüttelte den Kopf und schaute auf den Boden.

Die Erzieherin wurde ungehalten, fühlte sich von dem Verhalten wohl provoziert und zog ihn daraufhin am Arm aus der singenden Gruppe in die Mitte des Halbkreises und verlangte von ihm nun, vor der ganzen Gruppe zu singen.

Der kleine Junge fühlte sich deutlich beschämt und in seiner Integrität und Würde verletzt. Mit rotem Kopf und Tränen in den Augen begann er nun zu singen, hatte aber deutlich Not in dieser Situation. Es tat mir sehr weh zu sehen, wie der Junge aus einem für ihn schönen Gefühl gerissen wurde. Ob er das nächste Mal überhaupt wieder Freude an der Musik, am Gesang haben wird oder ob diese Erfahrung nun angstbesetzt sein wird, fragte ich mich. Ich suchte im Nachhinein das Gespräch mit der Erzieherin und schilderte ihr freundlich meine Beobachtungen und meinen Eindruck von der Situation.

Liebevoll im Sinne des bedingungslosen Interesses an der Entfaltung des Kindes wäre es doch gewesen, den Jungen einfach weiter dem Gesang lauschen zu lassen. Er fühlte sich wohl, war Teil der Gruppe, wirkte ganz beseelt von der Musik und war innerlich beschäftigt mit Beobachten, Zuhören und Fühlen.

Für mich wäre es liebevoller gewesen, das Kind einfach sein zu lassen und nicht zu intervenieren, damit es seinem eigenen Bedürfnis folgen kann. Ich finde es hilfreich, das Kind in dem, was es gerade bewegt, wahrzunehmen und anzuerkennen, um es dann wohlwollend zu begleiten, statt ihm vorzuschreiben, was es tun soll.

Carina & Christian

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