Mein Kind will nicht in den Kindergarten

Ich sitze im Auto, auf dem Rückweg vom Kindergarten nach Hause ins Home Office und weine. Habe ich gerade meinen 3jährigen Sohn in den Kindergarten gebracht, obwohl er gar nicht wollte und weinte? Ich fühle mich zurück versetzt in meine Kindergartenzeit. Auch ich bin nie gern in den Kindergarten gegangen, wollte immer zu meiner Mutter, aber es ging nicht, sie musste arbeiten. Und jetzt mach ich das Gleiche?

Weiß ich doch genau, wie sich das für mich angefühlt hat. Den ganzen Vormittag kann ich mich kaum auf meine Arbeit konzentrieren. Immer wieder denke ich an meinen Sohn. Ich will das alles nicht. Ich will ihn nicht abgeben, wenn er es nicht möchte. Aber Geld verdienen muss ich auch. Was für ein Dilemma. Als ich ihn abhole, erzählt mir die Erzieherin, dass direkt alles gut war und er schön gespielt hat. Und so war das immer mal wieder, ja eher schon relativ oft. Es war schwer für mich.

Einmal hat er so sehr beim Abgeben geweint, sich an mich geklammert und wollte so gar nicht in die Gruppe. Und da habe ich entschieden, ihn wieder mitzunehmen. Die Erzieherin war nicht so begeistert, sie sagte: „Oooh, wenn er das mal raus hat…“. Nein! Ich wusste, das ist nicht so. An diesem Tag war irgendetwas, das habe ich gespürt. Ich war stolz auf mich, dass ich, entgegen den Rat der Erzieherin, ihn dazulassen, auf mein Herz gehört und ihn wieder mit nach Hause genommen habe. Man kann „weinen“ und „WEINEN“ als Mama unterscheiden. Ich habe auf meine Intuition gehört. Ja, ich hätte arbeiten müssen, aber mein Kind ging vor. Ich habe ihn insgesamt ca. drei oder maximal vier Mal wieder mit nach Hause genommen, immer dann, wenn es nicht ging, er so sehr geweint und geklammert hat. Das würde ich immer wieder tun! Und darauf bin ich stolz, ich habe meine Haltung bewahrt und mein Kind durfte eine wertvolle Erfahrung machen: „meine Bedürfnisse sind richtig und wichtig, sie werden gestillt und ich muss nicht immer funktionieren – Ich kann mich auf Mama verlassen!“ Entgegen dem „also das Kind muss aber auch mal lernen, dass es gewisse Verpflichtungen gibt und man sich nicht immer aussuchen kann, ob man Lust hat oder nicht, geht ja später auf Arbeit auch nicht“. Lernt das Kind hier wirklich, dass es machen kann, was es will? Nein. Ich kann das aus Erfahrung bestätigen, denn das alles ist über ein Jahr her und mein Kind geht jetzt, mit knapp 5 Jahren, gern und viel lieber in den Kindergarten als noch vor einem Jahr. Es gab seit über sechs Monaten keinen Tag mehr, an dem er beim Abgeben geweint hat. Im Gegenteil, manchmal fragt er sogar, ob ich ihn später abholen kann.

Als Ergänzung möchte ich auch meine Erfahrung weitergeben, wie wir das „andere nicht in den Kindergarten wollen“ gelöst haben. Hier hat er auch immer mal wieder geweint, aber nicht so, wie oben beschrieben.

Da ich mich mit all den Themen, was Kinder und deren liebevolle Begleitung angeht, schon länger beschäftigte, verstand ich, dass sein „nicht in den Kindergarten wollen“ nicht MEIN damaliges „nicht in den Kindergarten wollen“ ist. Ich hatte damals, aufgewachsen in der ehemaligen DDR, ganz andere Gründe, dort nicht hinzuwollen. Also habe ich erstmal seine Gefühle von meinen getrennt, damit ich erkennen und fühlen kann, an was es liegt UND stark für ihn sein kann. Denn grundsätzlich ist er ein offenes Kind, das gern mit anderen Kindern spielt. Ich habe viel mit ihm gesprochen und ihn auch beobachtet, es war bei ihm immer dieses „in die Gruppe rein gehen“, wenn alle anderen Kinder schon am Spielen waren. Das fiel ihm total schwer. Also habe ich mit der Erzieherin besprochen, dass wir ihm hier helfen und er quasi „ins Geschehen“ gebracht wird. Er wurde entweder von einem Kind direkt zum Spielen abgeholt oder die Erzieherin hat ihm was Spannendes angeboten und dann war es tatsächlich kein Problem für ihn, in die Gruppe zu gehen.

Es gab auch eine Phase, da erzählte er mir häufig, dass x und y ihn nicht mitspielen lassen und gemeine Sachen sagen. Hier haben wir immer wieder gesprochen, ich habe ihn gestärkt und ihm erklärt, dass es mit manchen Menschen/Kindern manchmal nicht so passt. Dass das aber ok ist und man nicht immer mit jedem spielen oder befreundet sein muss. Ich habe ihn ermutigt, dass er sich das „Gute“ holt, also dann zu einem anderen Freund zum Spielen geht, oder er etwas macht, was ihm Spaß macht. Und auch dass wir nicht alles „annehmen“, also gemeine Worte und alles, was uns nicht guttut, wir nehmen es nicht, sondern lassen es bei dem, von dem es kommt. Setzen unsere Grenzen, wenn notwendig („Nein“ bzw. „Stopp“ sagen, für mich und meine Grenzen/Bedürfnisse einstehen). Ich möchte Eltern ermutigen, das mal zu versuchen – mein Sohn hat das in null Komma nichts verstanden und umgesetzt, Kinder tun sich da sehr leicht.

Es ist mir wichtig, dass mein Sohn Erfahrungen macht und lernt, Herausforderungen anzugehen. Es wäre leicht gewesen, hier die Verantwortung an die Erzieher*innen abzugeben oder die entsprechenden Eltern zu kontaktieren. Aber ich habe gelernt, dass ich meinen Sohn nicht vor allem beschützen muss, auch nicht vor unangenehmen Situationen, dass ich ihm das Leben mit allen Herausforderungen, die er schaffen kann, zutrauen darf. Und er hat es geschafft.

Susi

Akademie für Kinderliebe

Eine Tochterakademie der

Akademie für Potentialentfaltung
Wilhelm-Weber-Str. 21
37073 Göttingen

Kontakt

hallo@kinderliebe.org

Rechtsdokumente

Sende uns Deine Ideen zum Mitmachen

Sende uns Deine Ideen, wie Du bei uns mitmachen möchtest, einfach per Nachricht.

Das KinderLiebe-Team wird sich dann bei Dir melden.

Die Vorgeburtliche Entwicklung des kindlichen Gehirns

Parenting

Soziale Bindung und Hanlding von Babys

Lieblosigkeit macht dumm und krank

Angeboren, aber nicht vererbt

Einem Kind das Leben schenken